Heute möchten wir Euch mitnehmen auf eine Zeitreise in Sachen Chor-Kommunikation. Viel Spaß beim Lesen und vielleicht möchtet Ihr uns an Euren Erfahrungen teilhaben lassen…
per Email an: info@stimmkraft-chor.de oder als Kommentar zu diesem Artikel. Wir freuen uns von Euch zu hören.
Prolog: Die Steinzeit der Chororganisation
Erinnern Sie sich noch an die guten alten Zeiten? Der Chorleiter steht vorne, wedelt mit einem zerknitterten Zettel und verkündet mit einer Stimme, die sonst nur für die hohen Tenorpartien reserviert ist: „Nächste Woche fällt die Probe aus! Bitte gebt das weiter!“ Drei Tage später stehen dennoch fünf treue Seelen vor verschlossener Tür und summen frustriert vor sich hin.
Die Kommunikation im Chor war früher ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang. Telefonketten, bei denen die Nachricht am Ende so entstellt ankam wie bei „Stille Post“, gehörten zum Standard. „Probe am Dienstag um 19 Uhr“ verwandelte sich auf wundersame Weise in „Robe am Freitag um 9 Uhr“, und schon stand der halbe Chor im Festgewand am falschen Tag am falschen Ort.
Die Papier-Ära: Die goldene Zeit der Kopierer und Aktenordner
Der Chorvorstand erkannte das Problem und rüstete auf: Terminpläne wurden kopiert! Auf echtem Papier! In Farbe! Was für ein Luxus! Diese wurden dann in wochenlanger Kleinstarbeit an alle Mitglieder verteilt – sofern sie nicht gerade in der Probe fehlten, in der die Zettel ausgeteilt wurden.
Die Chormappe entwickelte sich zum persönlichen Archiv. Irgendwo zwischen zerknitterten Notenblättern und dem Text von „Freude schöner Götterfunken“ versteckte sich der Terminplan – falls er nicht gerade als Einkaufszettel zweckentfremdet oder vom Hund gefressen wurde.
Und dann die legendären Anwesenheitslisten! Der arme Schriftführer verbrachte mehr Zeit mit dem Abhaken von Namen als mit dem Singen. „Schmidt, Müller, Meier… wer ist heute da? Wer hat sich abgemeldet? Hat jemand etwas von Frau Berger gehört? Nein? Dann trage ich mal ‚unentschuldigt‘ ein…“
Die Konzertplanung glich einem logistischen Meisterwerk. „Wer kann am 15. Juni?“ – zwanzig Hände gehen hoch. „Und am 16.?“ – fünfzehn Hände. „Moment, wer war das gerade mit dem 15.? Könnten die Hände nochmal hochgehen?“ Statistiker hätten ihre wahre Freude gehabt.
Das E-Mail-Intermezzo: Die digitale Revolution klopft an
Dann kam die E-Mail und mit ihr die Illusion der Erlösung. Endlich konnten Termine mit einem Klick an alle verschickt werden! Theoretisch. Praktisch landeten die Nachrichten entweder im Spam-Ordner oder wurden zwischen Sonderangeboten für Gartenmöbel und Newslettern übersehen.
Die berüchtigten „An alle antworten“-Kaskaden sorgten für volle Postfächer und leere Gesichter. „Ich kann am Dienstag nicht!“ – und schon bekamen 40 Menschen eine Nachricht, die sie nicht interessierte. Gefolgt von „Bitte nicht auf ‚Allen antworten‘ drücken!“ – natürlich als Antwort an alle.
Dazu kam die Herausforderung der verschiedenen E-Mail-Gewohnheiten: Während einige Chormitglieder stündlich ihre Mails checkten, öffneten andere ihr Postfach nur zu den Hochfesten des Kirchenjahres.
Die WhatsApp-Episode: Gefangen in der Nachrichtenflut
Als nächstes entdeckte der Chor die Gruppenchats. Plötzlich piepte das Handy im Minutentakt: Geburtstagsgrüße, Katzenbilder und irgendwo dazwischen die Information, dass die Probe verlegt wurde. 247 ungelesene Nachrichten später hatte man entweder aufgegeben oder war versehentlich aus der Gruppe ausgetreten.
Die Umfragen zu Terminen entwickelten sich zu epischen Threads. „Daumen hoch für den 15., Daumen runter für den 16., Herzchen für ‚ist mir egal‘.“ Nach drei Tagen und 158 Emojis war man genauso schlau wie vorher.
Und wenn jemand wagte zu fragen „Wann ist noch mal die nächste Probe?“, obwohl die Information nur 237 Nachrichten zurücklag, wurde kollektiv geseufzt.
Die App-Revolution: Der Chor betritt das digitale Gelobte Land
Und dann kam sie: Die Chor-App! Wie ein digitaler Messias betrat sie die Bühne und versprach Erlösung vom organisatorischen Chaos.
Plötzlich waren alle Termine an einem Ort. Keine verlorenen Zettel mehr, keine übersehenen E-Mails. Ein Klick genügt, und schon weiß der Chorleiter, dass bei der nächsten Probe die gesamte Tenor-Sektion fehlt (wahrscheinlich eine Karaokeparty, über die in der App diskret geschwiegen wird).
Probenabfragen wurden zum Kinderspiel: Ein Fingertipp auf „zusagen“ oder „absagen“, und schon wusste Jonas, ob es sich lohnt, die Lüftung im Probenraum anzustellen. Die App merkte sich sogar, wer besonders oft mit kreativen Entschuldigungen glänzte. „Willi (Name frei erfunden) hat in diesem Jahr bereits 7 von 12 Proben verpasst. Neuer Rekord!“
Selbst die Noten wurden digital! Keine zerknitterten Blätter mehr, keine „Ich hab‘ meine Noten vergessen“-Ausreden. Die App erinnerte sogar daran, welche Stücke geübt werden sollten. „Liebe SängerINNEN, übt bitte euren Einsatz in Takt 47. Ja, genau DEN, den ihr beim letzten Mal schon so einzigartig komponiert habt!“
Epilog: Die schöne neue Chorwelt
Heute leben wir in harmonischen Zeiten. Die App weiß mehr über den Chor als der Chorleiter selbst. Sie erinnert, plant, organisiert und würde wahrscheinlich sogar singen, wenn man sie ließe.
Natürlich gibt es immer noch die Technik-Rebellen, die stolz verkünden: „Ich hab‘ kein Smartphone!“ und weiterhin per Brieftaube informiert werden möchten. Und die Digitalsenioren, die bei jeder Probe fragen: „Wie logge ich mich nochmal ein?“
Aber die Mehrheit schwebt glückselig in der Cloud und genießt die neue Übersichtlichkeit. Die gewonnene Zeit kann endlich für das verwendet werden, wofür der Chor eigentlich da ist: Das gemeinsame Singen – und darüber hinaus auch über die anstehenden Aktivitäten: Tripsdrill? Sommerfest? Public Viewing Pokalfinale – man muss ja schließlich genügend Getränke im Haus haben!
Die Evolution der Chorkommunikation ist ein Paradebeispiel dafür, wie Technologie unser Leben verändern kann: Von chaotisch zu organisiert, von kompliziert zu einfach, von zerstreut zu zentralisiert.
Und wenn der Strom mal ausfällt? Nun, dann greifen wir eben wieder zum guten alten Zettel. Manche Traditionen sollte man schließlich bewahren.
Natürlich sind wir längst im gelobten Land angekommen und genießen die Annehmlichkeiten des digitalen Zeitalters.
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