Ein Wochenende voller hoher Töne und noch höherer Erwartungen! Stimmkraft macht sich bereit für das große Chorfest und den Wettbewerb in Nürnberg – mit einer dreitägigen Chorprobe, die selbst die hartgesottensten Stimmbandakrobaten an ihre Grenzen bringen wird.
Freitag: Der Auftakt
Stellen Sie sich vor: Es ist Freitagabend, und während der Rest der Welt sich auf ein entspanntes Wochenende vorbereitet, rückt eine Gruppe entschlossener Stimmkraftler, bewaffnet mit Notenblättern und/oder Tablets an. Drei Tage intensives singen spontaner Harmonien und immer wieder den Hinweis: Das hatten wir aber ganz anders vereinbart…
Doch bevor wir alle „einrücken“, gibt es von Jonas noch drei wichtige Hinweise:
– Auswendiglernen der Lieder für den Chorwettbewerb ernst nehmen!
– Beginn ist um 18 Uhr
– Heute Abend kein gemeinsames Essen
– gemütlicher Ausklang ca. 21:30 Uhr
Wir wissen also, was wir zu tun haben!
Willkommen zum Chor-Probewochenende – dem musikalischen Bootcamp, bei dem aus chaotischen Einzelstimmen ein harmonisches Gesamtkunstwerk werden soll… so der Plan.
Nach den ersten Stimmbildungsübung, bei der sich einige fragen, ob sie versehentlich in einer Yoga-Stunde gelandet sind („Atmet in den Bauch! Spürt eure Zwerchfelle! Lange langsam ausatmen“), präsentiert uns Jonas seine Einsingübung für dieses Wochenende. „It’s gonna change“… was für ein Start.
12 Lieder und 16 Stunden Probearbeit liegen vor uns und gleich das erste Stück kommentiert Jonas mit dem Hinweis „Das war super, da war wirklich sehr viel schönes dabei… jetzt schauen wir mal, wo wir es noch besser machen können…
Und so nimmt das Probewochenende seinen Lauf… immer auf der Suche es noch besser zu machen…
Der Abend endet mit einem gemütlichen Beisammensein bei dem sich alle auf die nächsten zwei Tage einschwören und die neuen Chormitglieder herzlich willkommen heißen. So hatte jeder die Aufgabe bekommen sich mindestens mit 2 Sänger*INNEN auszutauschen, mit denen er/sie noch nie gesprochen hat.
Samstag: Der Marathon-Tag
Wir bekommen von Jonas die Einsingübung per WhatsAPP geschickt und den Ablauf für den heutigen Tag. Ganz in seiner motivierenden Art, hat er sich auf die Angabe der Pausen beschränkt.
Pünktlich um 10 Uhr beginnen wir die Probe mit Aufwärmübungen. 60 Erwachsene vibrieren mit den Lippen… kreisen mit den Schultern und stellen sich dann vor, dass sie einen Tischtennisball im Mund haben und dem Sängerfreund/der Sängerfreundin zur Linken erzählen, was heute morgen schon so alles passiert ist… unglaublich zu was wir so früh am Morgen fähig sind.
Von den 12 Liedern die wir uns für dieses Wochenende vorgenommen haben, haben es zwei schon auf die „grüne“ Liste und eines auf die „gelbe“ Liste geschafft. Und dann ist erstmal Zeit für die Mittagspause. Wir genießen die selbstgemachten Köstlichkeiten aus den eigenen Reihen und finden auch noch Zeit für Gespräche und einen Spaziergang.
Dann geht es weiter mit der Probearbeit sowohl in der großen Runde, alsauch in kleinen Gruppen. Wir verteilen uns in allen nur denkbaren Räumlichkeiten – eine Gruppe übt in der Küche – um bei dem Lied „Angels“ das „auf einander hören“ zu trainieren. Und für den Spannungsbogen im Lied sorgt dann die Vorstellung das wir nach „Glitzerpuder“ suchen. Wir suchen hier, wie suchen da und dann da vorne, ja da ist er… oh nein, doch nicht… aber dann, wir stehen vor einem ganzen „Glitzerpuder-Kaufhaus“ und strahlen… was soll ich sagen – äh schreiben – es hilft…
Jonas ist einfach ein Genie… da kommen „Xylophone“ geflogen, ganz leichte, klingende, die kommen direkt auf uns zu, wie bei Harry Potter… oder die Altistinnen steigen mit jedem Ton den Berg hinauf… das bewahrt uns vor dem „absaufen“… und dann die Männer, die Passage klingt wie bei einem Dudelsack-Spieler, genau so muss es sein…
Und so schaffen es auch heute weitere Lieder auf die „grüne“ und „gelbe“ Liste bevor wir dann zum gemütlichen Teil übergehen. Unsere Alison hat sich wieder eine tolle Quizshow ausgedacht. Alles unter dem Motto: Wie gut kennst Du Deine Stimmkraftler durften wir Besonderheiten der Mitsänger*INNEN erraten, die diese im Vorfeld an Alison geschickt hatten. Wer spielt Bratsche? Wer hat als 1 Klässler den ersten Preis bei „Jugend trainiert für Olympia“ gewonnen? Wer hat Olaf Scholz die Hand geschüttelt?
Und beim zweiten Quiz ging es dann um’s heitere Nasen raten: Wem gehört diese Nase auf dem Bild? Bei Jonas waren sich alle einig! Warum? Das liegt doch auf der Hand. Seit 12 Stunden starren wir auf diesen Mann, lesen den Text von seinen Lippen ab und folgen den Anweisungen seiner Hände.
Sonntag: Der Endspurt – oder das große Finale
9:00 Uhr, was für eine unchristliche Zeit… Einige sind schon seit 8:30 Uhr da um die Vorbereitungen für’s gemeinsame Weißwurst-Frühstück zu treffen. Mit der Polka „der bömische Traum“ wird das Frühstück „eingeläutet“ und alle sind sich einig, dass müssen wir öfters machen.
So wird dann auch direkt schon abgefragt, wer Lust hat auf einen Ausflug nach Tripstrill und wann unser Sommerabschluss stattfinden soll!
Um 10 Uhr haben wir dann den Endspurt angetreten. Mit unserer Einsingübung sind wir durch das Haus gezogen um dann im Nachbarraum zwei unserer drei Stücke für den Chorwettbewerb auswendig zu singen.
Zurück im Proberaum haben wir uns dann den letzten Stücken zugewandt. Die letzten Proben haben immer irgendwie etwas Dramatisches an sich. Die fühlen sich an wie ein Countdown vor dem Raketenstart.
Die letzten Korrekturen werden vorgenommen, und plötzlich – wie durch ein Wunder – klingt alles zusammen. Es gibt diesen magischen Moment, in dem alle Stimmen verschmelzen und selbst die kritischsten unter uns eine Gänsehaut bekommen.
Hat Jonas Tränen in den Augen? Rührung oder Erleichterung? „Genau so wird es in Nürnberg klingen“.
Die letzten Stunden vergehen wie im Flug. Die Aufstellung und die Kleiderordnung für den Wettbewerb werden festgelegt, und letzte Tipps gegeben: „Denkt daran zu lächeln!“… „Bitte keine wilden Soloeinlagen“… „Am Liedende Spannung halten bis meine Hände sinken“…
Als wir uns am Ende des Wochenendes verabschieden, sind wir erschöpft, aber erfüllt. Unsere Stimmbänder sehnen sich nach Ruhe, doch unsere Herzen sind voller Vorfreude auf Nürnberg.
Mögen die Richter Ohren haben, die unsere Fehler überhören und unsere Harmonie würdigen. Und möge der Bus nach Nürnberg eine funktionierende Klimaanlage haben – denn nichts ist schlimmer als ein überhitzter Chor!
Das Wunder eines Chor-Probewochenendes liegt genau darin: Wie aus individuellen Stimmen, Persönlichkeiten und gelegentlichem Chaos etwas entsteht, das größer ist als die Summe seiner Teile. Und während alle ihre Taschen packen wissen wir insgeheim: Trotz des Muskelkaters im Zwerchfell, der Ohrwürmer und der Notenstapel, die bis zur nächsten Probe hoffentlich noch intensiv angeschaut werden – wir können es kaum erwarten, es wieder zu tun. Und so steht das nächste Probewochenende auch schon im Kalender!
Stimmkraft ist mehr als ein Chor/eine musikalische Gruppe – Stimmkraft ist eine temporäre Familie mit all ihren Höhen, Tiefen und skurrilen Anekdoten, die noch Jahre später beim Sektempfang erzählt werden.
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